TATWERK Newsletter

Regelmäßig versenden wir Newsletter zu unseren Veranstaltungen und Aktivitäten sowie denen unserer Kooperationspartner*. Der Versand erfolgt über den Dienst MailChimp. (Näheres dazu in den Datenschutz­bestimmungen)
Der Newsletter kann jederzeit wieder abbestellt werden.

Wir freuen uns über das Interesse!

Happily ever after

  • Benjamin Burger (Extraleben)
  • 15. Mai 2021
  • TATWERK | Berlin / Online

»Sie sind eine 44. Lassen Sie sich davon nicht unterkriegen. Das Resultat ist temporär. Es warten noch 58 Punkte mehr Glück auf Sie. Sie müssen es nur trainieren. Happy fighting!«

Between Us
Grafik eines langzogenen, verzerrten, schreienden Gesichts auf rotem Hintergrund © Benjamin Burger

In dem digitalen Try-Out »Happily Ever After« geht Benjamin Burger dem industriellen Glücksversprechen auf den Grund, hinterfragt welche biopolitischen Annahmen dem zugrundeliegen und wie diverse Emotional-Assistants ihn lehren seine innere Welt zum aufblühen zu bringen, während die äussere Welt weiter veröden kann.

»Ein Mensch, der sich gut fühlt, ist ein guter Mensch. Ein Mensch, der sich schlecht fühlt, ist ein schlechter Mensch«, so beschreibt die Philosophin Eva Illouz das Paradigma der Glücksdiktatur. Hinter dieser Logik steckt eine Industrie, für die das Empfinden von Glück eine Ressource ist. Sie surft auf dem Versprechen, dass das eigenen Glück und Wohlbefinden nur eine Frage der eigenen Weltanschauung seien. Diverse Apps versprechen dass negative Emotionen beherrschbar und das persönliche Glück trainierbar sei. "You just need to weather the storm." In Übungsprogrammen stellen sie ein immer noch verbessertes, noch glücklicheres Selbst in Aussicht. Diese Apps der Emotionskontrolle sind Ausdruck einer technokratischen Weltanschauung, für die alles, auch das eigene psychische Empfinden, programmierbar sei. Tatsächlich versprechen die Happy-Interfaces, dass Negativität ein evolutionärer Irrweg sei aber wir uns auf Glück umpolen könnten. "I know it looks like Science-Fiction but it’s not".

Im Tatwerk zeigt Benjamin Burger zusammen mit dem Musiker Ray Herlitz ein erstes Showing auf Basis seiner bisherigen Recherche in Form einer digitalen Videolecture Performance.

Unterstützt durch Stadt Zürich Kultur

Termine

Streaming im Rahmen von »Between Us«
15. Mai 2021 | 20:30 Uhr
TATWERK | Berlin / Auf Twitch
Im Anschluss:
Digitale Feedback-Session mit Theaterscoutings Berlin

»Between Us« lädt ausgewählte Künstler:innen dazu ein, im Rahmen ihrer eigenen Arbeitensprozesse eigenständige, digitale und diskursive Formate zu realisieren, die ausdrücklich für das Streaming konzipiert werden.
Gefördert vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

logo takepart

Mitwirkende

Recherche und Performance: Benjamin Burger
Musik: Ray Herlitz
Musikproduktion: Moritz von Papp

Biographie

Benjamin Burger ist interdisziplinärer Künstler. Er arbeitet in Zürich und Berlin an der Schnittstelle von Theater, Performance und Design. Er ist Gründer der Produktion Extraleben und arbeitet in Kooperation mit anderen Künstler*innen oder Solo. Mit seinen Arbeiten exploriert er die Pathologien des Hyperkapitalismus.
»Es ist einfacher sei sich das Ende der Welt vorzustellen, als das Ende des Kapitalismus.« Die Aussage beschreibt passend eine Gesellschaft, die ihre Lebensumstände als alternativlos wahrnimmt. Einhergehend mit diesem omnipräsenten fatalistischen Lebensgefühl, das Mark Fisher als »Capitalist Realism« bezeichnet, stellt Benjamin sich in seinen künstlerischen Arbeiten die Frage, inwiefern Ausbruch aus dem System überhaupt noch möglich ist. Er unterstellt unserer Leistungsgesellschaft einen allgemeinen Erschöpfungszustand, der für ihn symptomatisch für die ausbeuterische Praxis steht, die diesem System zugrunde liegt. Der Zusammenbruch droht nicht nur ständig psychologisch (Burn Out, Despression, Psychosen) sondern auch das Ökosystem steht am Rande der Erschöpfung. Ausgehend davon legt Benjamin einen Schwerpunkt auf die psychologischen Folgen der Klimakatastrophe. Die Klimakrise könnte das ultimative Trauma unserer Gesellschaft darstellen, denn mit ihr beginnt die Erzählung der unendlichen Fitness und Wertschöpfung zu bröckeln. Man muss radikal neu aushandeln, was es bedeutet Mensch zu sein auf diesem Planeten. Hierfür begreift Benjamin Kunst und Theater als spekulativen Denkraum. In der aktuellen Recherche »Happy Points« untersucht Benjamin, ob für einem gesellschaftlicher Wandel nicht auch ein anderes Verständnis von Glück notwendig ist.
www.benjaminburger.ch